Freitag, 6. September 2013

Schottland mit einer Fremden – Tag 6

Um es vorweg zu nehmen: Heute war ein langweiliger Tag. Er fing zwar mit einem atemberaubenden Blick aus dem Fenster des hervorragenden B&Bs an (siehe FB), aber das war quasi das Highlight des Tages. Unser "zufälliger" Übernachtungsort Inverary entpuppte sich als Hauptstadt von Argyll und wenn meine Begleitung etwas wacher gewesen wäre, hätten wir uns noch das Jail und das Castle anschauen können. Das Jail ist ein historisches Gefängnis aus dem 19ten Jahrhundert mit Schaupielern, die basierend auf echte Geschichten, sowohl ein Gericht, als auch das Leben im Gefängnis nachstellen. Das Castle gehört den Herzögen Campbells, die Herrscher über ganz Argyll waren. Aber: Hätte, hätte Fahrradkette oder wie ich zu sagen pflege: Hätt de Hund net in die Eck geschisse, hätt ern Has gefange. Wir sahen beides nur beim Vorbeifahren. Allerdings hatten wir auch immernoch ca. 2 Stunden Rückstand auf unseren Zeitplan. Wenn wir da schon gewusst hätten, wie enttäuschend Glasgow ist, hätten wir besser Glasgow ausgelassen.

Von Inverary machten wir uns also auf den Weg nach Lochgoilhead am (Überraschung) Loch Goil im tiefsten Argyll Forrest Nationalpark. Eigentlich wäre das unser Übernachtungsort für Nacht 5 gewesen. Der Wald an sich ist sehr schön und die Singletrackroad hat Spass gemacht. Zumindest mir. Die (hier) Namenlose war eher gelangweilt und in Vorfreude auf Glasgow. Als emphatischer Reiseleiter brach ich die Reise nach Lochgoilhead also auf halbem Weg ab und steuerte direkt auf Glasgow zu. Leider!!!

Auf dem Weg streiften wir Loch Lomond und tranken gegen zehndreissig unser Frühstücksbierchen in einem Tourikaff (Luss). Das Wetter war übrigens spitze. Sonne den ganzen Tag. Das hätte ich gerne die ersten 4 Tage gehabt. Wobei es für unseren Strassen-Highlander Vauxhall von Astra sowieso seit dem ersten Tag immer 15 Grad Aussentemperatur waren. Ausser Nachts. Da zeigte er 18 Grad an. Ist ein Running-Insider-Gag.

Je weiter wir in den Süden kamen, desto unspektakulärer wurde die Landschaft. Es war eine Mischung aus dem Ried und dem Grünstreifen der Frankenallee im Gallus. Unser Plan war ja, schnell eine Unterkunft im Glasgower Speckgürtel zu finden, und dann mit dem Bus in die City zu fahren. Problem eins: Glasgow hat keinen Speckgürtel. Problem zwei: Glasgow hat keine B&Bs. Problem drei: Glasgow hat kein freies Hotelzimmer, da irgendein tolles Fussballspiel statt fand. Problem vier: Glasgow hat keine bezahlbaren Hotels, ausser siffigen Menschenfleischregalen. Vier Probleme zu viel. Wir änderten den Plan: Auto ins Parkhaus, Glasgow anschauen, weiterfahren und ausserhalb von Glasgow eine Unterkunft finden. Glasgow schauten wir uns getrennt an, sind aber gemeinsam enttäuscht. Sie in Maßen, ich maßlos. Gäääähn. Vielleicht gibts in Glasgow auch interessante Seiten, aber vor uns haben die sich erfolgreich versteckt. Sie hat wenigstens ein nettes Café im Jugendstil und zwei T.K.Max entdeckt, aber ich ging leer aus. Lediglich ein paar Clubs und Bars für den Abend sahen vielversprechend aus, aber dafür hätten wir erstmal ein Zimmer gebraucht. Am End flüchteten wir gegen 18 Uhr, ohne einen Penny ausgegeben zu haben, in Richtung unseres nächsten Zieles für Tag 7: Aberfoyle (Nationalpark Loch Lomond and the Trossachs).

Gegen 19 Uhr erreichten wir unser Ziel und selbst meine Beifahrerin freute sich über die Rückkehr in die Natur. Das traumhafte B&B unserer Wahl war natürlich mal wieder "filled". Nach einem Tip der Herbergsmutter fanden wir aber sogar eins, das von außen noch vielversprechender aussah. Die erste Haustür war offen. Wir klingelten und den Wolf, aber keiner machte die Zweite auf. Da keine Autos auf dem Hof standen, hatten wir die Hoffnung unterkommen zu können. Wir setzten uns also auf eine Bank vor dem Haus und beobachteten mit einem Bierchen den Sonnenuntergang über einem Miniloch gegenüber. Wir dachten, der Hausherr sei vielleicht nur einkaufen. Nach ca. zwanzig Minuten kams mir spanisch vor und ich fuhr los um die Alternativen im Ort zu checken, während sie auf der Bank die Stellung hielt.

An dieser Stelle ein kurzer Einschub zu der namenlosen Begleitung: Sie ist ein absoluter Einrichtungsfreak. Sie begeistert sich an Stil und Gegensätzen der Unterkünfte. Und sie ist etwas piensig bei der Sauberkeit. OK, ich brauche auch keinen Schimmel in der Dusche oder Schlitterspuren in der Kloschüssel, aber in Grossbritannien muss man da Abstriche machen wenn man nix reserviert. Kurzum: Sie erwartet jeden Tag eine tolle Unterkunft. Am besten im viktorianischen Stil oder sehr modern. Alles andere enttäuscht sie. Ich bin da einfacher gestrickt: Bett, WIFI, Bad, sauber, bezahlbar? Passt! Sie dagegen geht in jeden Raum erstmal mit gerümpfter Nase. Und wenn das Bild an der Wand nicht zum Bettbezug passt: VETO! Das wäre ja OK, wenn sie dann nicht noch zickig werden würde falls keines der 7 Alternativen B&Bs/Hotels ihren Ansprüchen reicht und wir weiterfahren müssten. Das ist auch das Einzige, was ich mit ihr etwas anstrengend finde. Wir haben darüber auch gesprochen. Sie steht dazu, dass sie da etwas eigen ist, entschuldigt sich dafür und ist weiter eigen. Ende des doch nicht so kurzen Einschubs.

Ich begutachtete also ein weiteres B&B und ein Hotel. In das B&B hätte ich Madame nicht reinbekommen. Wobei die Zimmer echt etwas russisch aussahen. In Kombination mit dem Herbergsvater könnten die Zimmer auch als Unterkünfte für illegale Nutten aus dem Osten dienen. Das Hotel fand ich OK. Als ich sie wieder einsammelte war sie fast an der Bank festgefroren, denn ohne die liebe Sonne wirds ratzfatz arschkalt im Schatten. Dennoch musste ich Überzeugungsarbeit leisten. Ich hatte keinen Bock, bei Einbruch der Dunkelheit durch den wunderschönen Nationalpark zu hetzen um ein Premium B&B zu finden. Jetzt sind wir im Hotel gelandet. Ich überliess ihr wie immer die Zimmerauswahl, denn mir wars echt egal. Genervt hat dann nur, dass uns das Mädel vom Empfang etwas Essensstress gemacht hat, indem sie uns beim CheckIn darauf hinwies, daß nur bis 20:30 Bestellungen im Restaurant aufgenommen würden. Es war 20:21. Hektisch bestellten wir jeweils einen Burger und warten noch immer auf ein kulinarisches Highlight. Vielleicht ja Morgen in Edinburgh. Noch mehr nervt, daß WIFI nicht bis ins Zimmer reicht und wir erst ab 9:00 frühstücken dürfen...

Status Blinddate: Ihre Prioritäten im Urlaub sind halt doch nicht ganz Deckungsgleich mit meinen (siehe Einschub). Das gibts aber bei jeder Reise mit mehr als einer Person. ACHTUNG, den Satz aus meinem Mund müßt ihr euch wahrscheinlich dreimal durchlesen: Ich würde gerne mehr laufen. Dafür fand ich es sehr witzig, als sie mich fragte, ob ich was von VNV Nation, DAF, And One oder Ähnliches auf dem iPod hätte. JA, hab ich haufenweise. Sag doch früher was!!! Ich erfuhr auch, dass sie früher Fitness-Trainerin war, was ich bei ihrer Faulheit kaum glauben kann. Trotz allem: Alles läuft gut. Wir haben Spass...


—-- Artikel wurde auf meinem iPad erstellt

2 Kommentare:

  1. vielleicht will sie einfach diesen urlaub mal ausspannen und auch nicht laufen müssen. blöd eigentlich. aber kannst du nicht wenn sie abends zeit für sich haben möchte nicht ne runde um den block gehn?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Natürlich könnte ich das, aber darum gehts ja nicht. Ich muss bestimmt nicht laufen um des laufens willen. Ich will an einem vielversprechenden Ort mal ein paar Meter Richtung weg von Strasse laufen um dort etwas Tolles zu sehen...

      Und nein, sie ist leider so piensig wenn es ums laufen geht. Sie macht sich nicht viel aus Natur und sieht keinen Sinn drin sich in der Natur zu bewegen... Schlechte Vorraussetzungen für Schottland. Ebenso wie ihre Wetterpiensigkeit und dass sie weder Whisky noch English Breakfast mag ;-)

      Trotzdem machts ja Spass. Nach 7 Tagen findet man immer was zum Meckern...

      Löschen