Samstag, 25. Mai 2019

Konzert 2019.11: 80er Festival

18.5.2019, RuhrCongress Bochum
Line Up: Real Life, Duell (Propaganda), Tom Bailey (Thomson Twins), Midge Ure (Ultravox/Visage), The Human League
Moderation: Peter Illmann

Eigentlich bin ich ja für Festivals zu alt, aber mit nummerierten Sitzplätzen, 2 meiner Lieblingsmenschen und Hotel in Laufweite konte ich bei diesem Hammer-LineUp einfach nicht wiederstehen. Nur Thomson Twins habe ich nie gesammelt, obwohl ich sie auch fast immer gut fand. Von den anderen 4 Bands habe ich eigentlich sämtliche Alben, Maxis, Singles und CDs (soweit veröffentlicht). Top Voraussetzungen also. Wären da nicht immer meine viel zu hohen Erwartungen. Konnten die erfüllt werden? 

Zuerst ein paar Worte allgemein. Leider war das Festival nur zur hälfte ausverkauft. Das war etwas entäuschend für die Bands und die Stimmung, aber nicht wirklich überraschend. In Oberhausen fand am gleichen Tag die New Wave Tage statt, nebenan hoffte Dortmund am letzten Spieltag der Fußball Bundesliga noch auf einen Sieg der Frankfurter über Bayern, was sie zum Meister gemacht hätte und dann lief da auch noch der ESC im Fernsehen. Dann kam dazu, dass auf den Plakaten und auch in den sozialen Medien garnicht oder nur nebenbei kommuniziert wurde, welche Bands dabei sind. Auch gewundert haben wir uns, dass Nullkommanull Band-Merchandise zu bekommen war. Ich als T-Shirt Fan fand das etwas enttäuschend. Ich hätte seeeehr gerne ein Propaganda Shirt gekauft. OK, Real Life und Thomson Twins gehen eigentlich nicht mehr so richtig auf Tour und haben deshalb wahrscheinlich gar nichts im Angebot und Propaganda hat vermutlich rechtliche Probleme mit dem Namen und muss da den Ball flach halten. Insgesamt war bei der Orga auf jeden Fall noch Luft nach oben...

Apropos Luft nach oben. Da landen wir direkt bei Peter Illmann. Nach Ingolf Lück und Steffie Tücking zwar nur mein drittliebster Formel1-Moderator, aber keiner, den ich nicht mag. Er war auch eigentlich sympathisch und unterhaltsam. Allerdings war es leicht verdientes Geld für ihn, da er nicht wie erwartet, die Umbaupausen mit ein paar Anekdoten oder sogar dem einen oder anderen Interview verkürzte. Er moderierte nur jede Band kurz mit ein bis zwei Formel Eins Erinnerungen an...

Nun aber zu den Bands. Den Anfang machte Real Life, von denen – wie bei fast allen Bands des Abends – nur die Stimme übrig geblieben ist. David Sterry, der laut eigener Aussage extra für dieses Festival eine Band zusammenstellte und aus Australien anreiste, kam sehr nett rüber und auch der Auftritt war sehr gut. Neben den Hits „Send me an angel“ und „Catch me I‘m falling“ verzichtete er auf den dritten Hit „Always“ und leider auch auf weitere Meisterwerke des ersten Albums „Heartland“. Die Instrumentierung hätte für mich etwas elektronischer sein dürfen, aber trotz klassischer Gitarre, Bass, Drums und Keyboard Setup war es ein super Einstieg. Auch die neueren unbekannten Titel waren eigentlich sehr eingängig. Das lag auch an den E-Drums und der tollen Stimme von Herrn Sterry...




Als zweiter Act waren Propaganda dran, auf die ich mich persönlich am meisten gefreut habe, da ich die noch nie live gesehen hatte. OK, es waren auch hier nur die beiden Stimmen Claudia Brücken und Susanne Freytag und sie traten auch nicht als Propaganda, sondern als „Duell“ auf. Peter Illmann hatte zwar in seiner Anmoderation vorgewarnt (Die 80er hätten ja sehr unterschiedliche Musik hervorgebracht, auch die mystischen „Propaganda“), aber dennoch war der ein oder andere im Publikum über den Opener „Jewel“ etwas irritiert. Ich übrigens auch. Ich liebe den Song zwar, aber ich hätte wohl eine andere Auswahl als Beginn gewählt. „jewel“ ist quasi die schräge Version von der eher schnulzigen Single „Duel“. Kratzige verzerrte Drums, kreischende Synths und schreiender Gesang verstörte das Publikum teilweise sehr. Ein sehr mutiger Einstieg. Da Propaganda eigentlich nur ein einziges Album veröffentlicht hat (A secret wish; 1985), dass vom ersten bis zum letzten Track ziemlich genial ist, war hier das Risiko gering einen schlechten Song zu hören. Es folgten „Frozen Faces“, „Murder of Love“ und die 3 Singles „Dr. Mabuse“, „P-Machinery“ und „Duel“. Bis auf den markanten Sägezahn-Synth bei „P-Machinery“ war auch alles sehr nah am Original gespielt und für mich war der Auftritt das Highlight des Abends. Vor allem Claudia Brücken überzeugte mit ihrer sehr markanten und tollen Stimme.





Ich gebe zu, von Tom Bailey (Thomson Twins) hatte ich am wenigsten erwartet, denn ich hatte ihn teilweise funky mit karibischem Einfluss in Erinnerung. Wobei ich die Singles fast alle mag. Mr. Bailey himself kam voller Elan auf die Bühne und performte sehr gut. Seine Begleitband, die etwas an Robert Palmers Video „Addicted to love“ (https://youtu.be/XcATvu5f9vE) erinnerte, war eher etwas grenzwertig. 3 hübsche Mädels ebenfalls in weiss, die meines Erachtens live nicht allzu viel gemacht haben. Falls doch, dann entschuldige ich mich hiermit für meine Aussage und bewundere die tolle Band, die sogar live ein cooles Electro-Cello spielte. Natürlich gab es unter anderem die größten Hits „Hold me now“, „Doctor, doctor“ und meinen Lieblingstitel „Love on your side“ zu hören. Die anderen Songs kannte man eigentlich auch alle, gehörten aber nicht zu meinen Favoriten...



Midge Ure muss ich auf diesem Blog ja eigentlich nicht vorstellen, aber der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, dass er die Stimme von Ultravox war und neben vielen Solohits auch für einen Großteil der beiden ersten genialen Alben von Visage verantwortlich ist. Ganz zu schweigen von seinem Megahit „Do they know it‘s christmas“ und der co-Organisation des gesamten Band Aid Projekts mit Bob Geldorf. Meine große Vorfreude nach den letzten seiner Auftritte schwund schlagartig, als mir auffiel, dass nur eine Synth-Station auf der Bühne stand. Passend dazu hatte er auch leider nicht seine tolle „Band Electronica“ im Schlepptau, sondern eine eher etwas rockiger ausgelegte Formation. Entsprechend rockig war also auch leider sein Auftritt. Lediglich „The Voice“ konnte mich begeistern, da er da seine Gitarre weglegte und sich neben den Keyboarder stellte um mitzuspielen. Alles andere inkl. „Vienna“, „Fade to grey“ oder „Hymn“ war leider sehr verrockt und enttäuschend. Vor allem, da die Tontechnik leider seine Gesangstechnik nicht verstanden hat. Da er oft sehr laut singt, arbeitet er normalerweise damit, seinen Kopf beim Singen vom Mikro wegzudrehen um nicht zu laut zu werden. Dazu muss das Mikro allerdings entsprechend variabel abgemischt sein. Leider hat das Mikro hier aber nur sehr nah funktioniert, was zur Folge hatte, dass er oft nicht mehr zu hören war. Der Versuch, das nachzuregeln endete leider in Rückkopplungen. Da ist beim Soundcheck was schiefgelaufen und das hat den Auftritt zusätzlich versaut. Für mich war das der schlechteste Midge Ure Gig, den ich bisher gesehen habe. Und ich habe viele gesehen. Jetzt freue ich mich auf die „1980“ Tour im Herbst. Er spielt das komplette Album „Vienna“ und das beste vom ersten genialen Visage-Album „Visage“ (beides von 1980 und meine beiden ersten Alben, die ich kaufte). Ich hoffe, die Ankündigung ist noch aktuell, denn demnach ist die Tour mit „Band Electronica“





Als Top-Act des abends folgte zum Finale The Human League, die ich in den letzten Jahren mehrfach gesehen habe und nie enttäuscht wurde. So auch dieses Mal. Zwar fragt man sich immer wieder, warum Sänger Philip Oakey die beiden „Sängerinnen“ Suzanne und ExFrau Joanne immernoch mitschleift, aber irgendwie gehört deren schlechter Gesang und die peinlichen Tanzschritte dazu. Wenn sie nicht dabei wären, würde was fehlen. Musikalisch gab es keine Überraschungen. Das Setup 2x Synth, 1x E-Drums, 3x Gesang hat sich über Jahre bewährt und auch das Bühnenbild war wieder sehr aufgeräumt in weiss gehalten. Philip war wie gewohnt sehr beeindruckend mit seiner Agilität und seiner ewig jungen Stimme. Man merkte auch deutlich, dass Human League die Band mit der größten Routine war, denn sie performten insgesamt am professionellsten. Die Songauswahl bei Human League ist für mich immer das Spannendste, da meine Hits nicht unbedingt die größten Hits der Band sind. Neben den Hits „Don‘t you want me“, „Mirror Man“, „Human“, „Fascination“ und „The Lebanon“, gab es an diesem Abend noch das nervige „Electric Dreams“ und das von den Mädels grausam gesungene „One man in my heart“. Highlights waren wie immer das absolut geniale „Being Boiled“ und das ebenfalls geniale „Seconds“, sowie der Fan-Hit „Sound of the crowd“. Als einzige Band des Abends durften die Sheffielder sogar eine Zugabe geben, was zu fortgeschrittener Uhrzeit aber insgesamt nur bedingt gut ankam. Schließlich war das Publikum in der Regel 50+ und mußte zeitig ins Bett ;-)













Samstag, 18. Mai 2019

Konzert 2019.10: Look mum no Computer

8.5.2019, Horst, Frankfurt

Das 10. Konzert des Jahres war auch gleichzeitig das Interessanteste des Jahres. Vielleicht sogar der letzten Jahre. Wer bei diesem Bandnamen eine unplugged Performance oder eine Gitarrenschrabbelband erwartet, dürfte geschockt sein. Aus dem Versprechen von Sam Battle an seine Mutter, nicht den ganzen Tag vorm Computer zu hocken, entwickelte der DIY Nerd seine eigene Methode der Freizeitgestaltung. Er bastelte Dinge wie Musik-Fahrräder oder eine Firby-Orgel. Ansonsten bastelt er aus meist gebrauchten Synths und Bauteilen eigenes Equipment und kreiert damit phantastische Synthpop-Songs mit einem Touch Eighties und Elektro, die er in erster Linie auf YouTube präsentiert. Nachdem ich bereits von den Videos nicht genug bekommen konnte, war ich sehr gespannt, wie er das Konzept auf eine Bühne bringen würde. So:



Man sieht etliche analoge Synthmodule, Synthesizer, Effektgeräte und Controller. Das Spannende dabei: Sam bearbeitet alles alleine und er singt auch noch dazu. Klar, er verwendet natürlich diverse Sequenzer-Module und auch Sample-Module. Aber halt keinen Computer. Das ist ein Grundsatz für ihn.

Da das alles alleine zu bedienen schnell in Arbeit ausarten kann und auch die Tatsache, dass er kaum neuwertige Dinge verwendet, sondern fast nur gebrauchten, selbst reparierten Kram (den er auch nicht allzu pfleglich behandelt) verwendet, ist ein Blaumann mit Arbeitsstiefeln wohl das passende Outfit. Ansonsten wirkt Sam wie ein Mischung aus Sid Vicious und Howard Jones.

Was dann kam flasht mich jetzt noch. Der Typ ist ein absolut Irrer Freak. Am Anfang reparierte er erstmal noch 2 Module live auf der Bühne (inkl. Flucherei und Werkzeugsuche). Dann ging es los mit dem Synthporno. Der erste Teil bestand eher aus seinen „poppigen“ Titeln, später wurde auch viel improvisiert. Das Faszienierende dabei ist, dass die Technik so im Vordergrund stand und die Synths so aufgebaut waren, dass man genau beobachten konnte, was er da gerade treibt. Am Ende durfte selbst das Publikum auf einem Beatstep (Midicontroller von Arturia) und einer 9V Batterie Sounds antriggern und konrtollieren. Man kann das kaum in Worte fassen, deshalb habe ich ausnahmsweise mal zusätzlich zu den Fotos ein paar kurze Clips gefilmt (am Ende des Posts). Sorry, dass die Quailtät etwas wirr ist, aber ich hab vor lauter Begeisterung kaum aufs Display geschaut beim Filmen, sondern musste Sams treiben im Auge behalten 😉




















Konzert 2019.09: Der Plan

6.5.2019, Familie Montez, Frankfurt

Der Plan sind mal wieder Helden meiner Jugend. Sogar meiner Frühen Jahre, als ich nicht älter als 13 war. Normalette Surprise und Geri Reig hießen die ersten beiden Alben, auf denen so geniale Titel wie Gefährliche Clowns, Generäle essen gerne Himbeereis oder Adrenalin lässt das Blut kochen enthalten waren. Elektronisch, experimentell, künstlerisch beschreibt es wohl am besten. Frank Fenstermacher, Kurt Dahlke (der Pyrolator) und Moritz Reichelt hatten eigentlich nie etwas mit der NDW zu tun, hatten aber immerhin 2 Hits, die diesem Genre zugeschrieben werden könnten: Da vorne steht ne Ampel und Gummitwist findet man auf dem einen oder anderen NDW-Sampler.

Über Der Plan kann ich eigentlich nicht schreiben, ohne etwas Ballastwissen loszuwerden. So gründete die Band zum Beispiel das legendäre Label AtaTak und Moritz R. ist auch verantwortlich für das Coverdesign von Depeche Modes See You (7“) und The Meaning Of Love. Moritz R. ist ebenso der Visuelle Kopf der Band, der durch seine eigenwilligen Bühnenbilder und Kostüme den visuellen Auftritt von Der Plan bis heute sehr prägt.

Da die Veröffentlichung des letzten Albums (Unkapitulierbar) schon 2 Jahre zurückliegt, hoffte ich auf eine Art BestOf Tour und so fing es auch an. Die ersten 30 Minuten mit „Hits“ wie Alte Pizza, Gefährliche Clowns, Da vorne steht ne Ampel, Gummitwist oder Das Insekt überzeugten mich die 3 Männer mehr als seinerzeit in den 80ern, als die Musik komplett vom Band kam und das Konzert eher einer Kunstperformance glich. 2019 hat man durch neue technische Errungenschaften wie Tablets, Launchpads und andere Midicontroller bessere Möglichkeiten, diese teilweise sehr komplexen Soundcollagen live auf die Bühne zu bringen. Auch kurze Anekdoten waren sehr unterhaltsam. Bis auf den Kommentar nach ca. 30 Min. „Das wars dann. Zumindest mit der Nostalgie“. Ab da flaute der Auftritt nämlich leider etwas ab. Die Animationen von Moritz zitierten sich leider immer wieder selbst und die Musik stammte nun hauprsächlich vom letzten Album, das zwar nicht schlecht ist, aber nicht mehr den Esprit und die Frische der älteren Werke besitzt. Man könnte auch sagen: Es wurde etwas langweiliger. Insgesamt dennoch ein toller Auftritt in passendem Ambiente, den ich nicht hätte verpassen wollen...