Freitag, 5. September 2014

Schottland Solo: Tag 3 (Lochcarron to Kilchoan)

Uff, das war ein voller Tag! Bin ziemlich fertig, aber auch hochzufrieden...

Aber erstmal der obligatorische B&B Nachbericht. Beim Fußball würde man sagen "Es war ein leistungsgerechtes Unentschieden". Beim Senioren B&B in Lochinver würde ich sagen "Es waren leistungsgerechte 25£. Das Bett war sauweich, beim Duschen hat der Vorhang am Rücken geklebt (igitt) und das Frühstück war das schlechteste Full-Scottisch, daß ich bisher reinschlingen mußte. Ihr erinnert euch? Ich hatte Gestern nix gegessen. Die Tomate war halbroh, Der Speck war kalt, die Würstchen. Keine Ahnung was das war, aber das waren garkeine Würstchen. Die Mushrooms waren in Fett getränkt und die Toasts waren kalt. Das Spiegelei war glibbrig, aber essbar. Der Hunger triebs also rein. Die Einrichtung war seniorig, kitschig, britisch. Es war der Kompensationspreis der Nacht davor. Jetzt lieg ich wieder im Schnitt. Die Gastgeber waren bemüht, aber ich verstand kein Wort von dem Gebrabbel, was Englisch sein sollte. Nur die Aussage, daß das Wetter gut werden würde habe ich verstanden. Und das hat sogar gestimmt. Und wie das gestimmt hat...




Erstes Tagesziel: Plockton. Das ist ein Kaff kurz vor der Skye Bridge. Die Fahrt dahin führte mal wieder über tolle Singletrack-Roads. Da Jaqueline immer nur die gleichen Sätze von sich gibt, habe ich sie wieder erstmal ausgeschlossen. Dafür habe ich angefangen mich mit meiner DashCam zu unterhalten. Im Gegensatz zu Jaqi, ist sie sehr Aufnahmefähig. Mal sehen, ob ich mein Gelabere zu Hause auf Film ertrage. Ich habe sie übrigens Katja getauft. Der Ort ist sehr nett, aber kein Muss.







Danach ging es nach Skye. Mir bestand ein wenig laufen bevor, denn ich wollte mir die Fairypools von Glenbrittle anschauen. Das sollte ein Fußmarsch von ca. 45 Min. sein. Mal sehen... Erstmal bestaunte ich Skye mal bei tollem Wetter. Die Berge lagen zwar noch im Nebel, aber der legte sich dann auch noch.


Ich erzählte Katja von der "Tragödie von Elgol", die 2012 in diesen Bergen statt fand und dafür sorgte, daß ich die Fairypools noch nicht gesehen hatte. Als ich am "Sligachan Hotel", DEM Startort für Bergwanderer aller Welt (auch unsere tapferen Wanderer von Elgol starteten hier) vorbeikam kamen Zweifel in mir auf. Es war die HÖLLE los. Millionen von Wanderern in ihren dämlichen Jack Wolfskin Jacken und Rucksäcken voller wichtigem und teuerem Marken-Wanderkrams. Was wäre, wenn an den Fairypools ähnlich viel los wäre? Würde ich dann aus meiner Abneigung gegen Menschen kneifen und nicht dort hinlaufen? Ich kam schließlich am Parkplatz der Feen an und war geschockt. Es war noch schlimmer, als ich dachte:


Ich war kurz vorm Kneifen, als ich zu Katja sagte: "Jetzt bin ich schonmal da, jetzt mach ich das auch." Irgendwo da hinten sollte das also sein. Kein Plan wo genau, aber ich ging mal der Meute hinterher, die sich auch erstaunlich gut verteilte.


Wie es die Natur es bei Wasserfällen mit sich bringt, ging der Großteil des Weges Bergauf. Nur der Anfang ging steil bergab (der erfahren Füßgänger weiß bereits jetzt was später kommt). Die Leute waren eher normale Touris und keine Wanderer. Man hat sich gegrüßt, ich habe insgesamt 5 Pärchen vor toller Kulisse fotografiert und man hat sich Tips gegeben, wo es nicht so matschig ist. Der Fußweg war ca. 30 Min. und bereits nach 15 Min. fingen die Wasserfälle an. Interessanterweise haben viele Leute garnicht gerafft, daß das Finale erst am Ende kommt und sind vorher hängengeblieben oder sind wieder umgekehrt. Ich nicht. Wenn schon, denn schon. Ich könnte jetzt 50 Fotos posten, aber ich suche mal nur ein paar Highlights raus. 





Ich hab übrigens auch darin gebadet und außerdem für mein Lieblingsneunjährige ein Flasche mir echten Feenwasser abgefüllt. Ich hab direkt aus dem Pool getrunken. Es war köstlich und ich fühlte mich sofort gestärkt für den Rückweg. Das hielt allerdings nur bis zur letzten Steigung am Parkplatz an. Ich war fix und ferdisch. Ein kleiner Spaziergang für den Wanderer, ein großer Kraftakt für mich. Als Belohnung fuhr ich weiter nach Carbost und saß in meinem Lieblingspub erstmals draußen in der Sonne. Es gab Burger und Wasser. Irgendwie lebe ich hier ziemlich alkoholfrei. Selbst Cola gibt es nicht. Ich trinke nur "Sparkling Water".  



Ich war in meinem Zeitplan ja immernoch 1 Stunde hinterher, also musste ich ein Auge darauf werfen. Ich habe Jaqueline gefragt, wie lange wir von Carbost nach Armadale brauchen. Sie behauptete 74 Min.. Es war 15:00 und die Färe nach Mallaig fährt um 16:00 und dann wieder um 17:20. Ich habe mit Jaqueline gewettet, daß wir es in 55 Min. schaffen. 5 Min. puffer braucht man um dort ein Ticket zu kaufen. Katja hielt sich raus. Ihr wird halt immer schlecht wenn ich so schnell fahre. Allgemein eignet sich übrigens ein Schottland-Urlaub auf Autobasis hervorragend als Beziehungstest. Navigations- und Kotzfestigkeit gepaart mit Vertrauen in den Fahrer und Gott sind elementar als Beifahrerin. Davon können Katja und Jaqueline ein Lied singen. Die eine muss ständig Routen und Zeiten neu berechnen und sich von mir anscheissen lassen und der anderen wird bei 24 Bildern pro Sekunde bei den krassen Kurven schon mal schlecht. Wir werden nach dem Urlaub Freunde bleiben. Vielleicht. Am Ende hab ich die Wette gewonnen. Wir kamen exakt um 15:53 am Pier an und sind locker flockig pünktlich auf der Fähre gewesen. Katja war schlecht und Jaqueline spricht nicht mehr mit mir. Ich bin trotzdem zufrieden.



Nach Mallaig gabs Neuland für mich zu entdecken. Mein Plan sollte mich eigentlich noch Heute nach Tobermory auf der Insel Mull bringen. Die Fähre fährt in Kilchoan ab. Das war also das nächste Ziel. Schnell beschloss ich aber, Heute nur bis Kilchoan zu fahren und Morgen Früh erst überzusetzen. Es wäre sonst zu stressig geworden und ich wollte mir für die Halbinsel, die ich noch nicht kannte, ausreichend Zeit nehmen. Eigentlich war die Fahrt dann wie Miniatur-Schottland. Es gab Singletrackroads, tiefe Wälder, Lochs, braungrünlilane Hügel, tolle Buchten und beeindruckende Bergketten. Was es allerdings überhaupt nicht gibt: B&Bs und Hotels. So stellte ich mich schon darauf ein, meine erste Nacht im Fiat zu vollbringen. Er heiß übrigens Toni und wir reden nicht viel miteinander. Männer halt. Ich lobe ihn, wenn er keinen über den Durst getrunken hat und es gibt high5 wenn wir gemeinsam den Mädels gezeigt haben, daß die Straßen in Schottland zum fahren mit Spaß gemacht sind. Wenn Katja kotzt, meine ich ein hinterhältiges Lachen aus dem Amaturenbrett zu hören...








Als ich in Kilchoan ankam, war ich zunächst erleichtert. Am Ortseingang ein fettes Schild mit Hinweis auf Tourist Info, Hotels, Restaurant und B&B. Die Erleichterung hielt aber nur kurz an, denn das Kaff ist nicht sehr groß und 2 B&Bs in der Hauptstraße waren voll. Das Hotel sah schon von außen absolut indiskutabel aus. Ich vor also an den Pier um dort auf dem Parkplatz im Toni zu pennen. Morgen geht um 8:00 die erste Fähre nach Mull und dann bin ich wieder voll im Plan. Auf dem Weg zum Pier fuhr Toni fast ein Schild um. Auf dem stand "Skippers B&B". Na dann mal los. Nachdem mal wieder ewig keiner aufgemacht hat, öffnete eine hübsche junge Italienerin die Tür. Doppelzimmer für 45£. Bad im Flur, aber dafür WiFi vom Feinsten. Großes Bett mit guter Matratze. Schöne Aussicht. Gebongt. Vielleicht esse ich Morgen einfach zwei Frühstücke. Ich bezahle ja auch den vollen Doppelzimmerpreis. Schließlich heiße ich ja wie andere Toms ja auch Thomas und muss dem Namen Ehre machen...



Erkenntnisse Tag 3:

Essen, saufen und Wadenkrampf ist alleine doof.

Ich bin WiFi abhängig. Gibts da schon Therapien?

Feenwasser ist saukalt.

Benzin in Schottland ist schweineteuer (Diesel: 1,46£/1,84€)

Außer mit Jaqueline, Katja und Toni kann ich mich auch prima mit mir selbst unterhalten. Ich fühle mich schon wie Abby oder Ducky aus meiner aktuellen Lieblings-Serie NCIS. Die sprechen mit auch mit ihrem Massenspektrometer, ihrem Laptop, ihrem Nilpferd und ihren Leichen... 

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