Samstag, 30. August 2014

4 Hochzeiten und 2 Todesfälle

Das klingt jetzt zwar makaber, aber die Headline konnte ich mir nicht verkneifen. Wobei bei der eigentlichen Geschichte nur 2 Hochzeiten und 1 Todesfall im Fokus stehen. 2 Hochzeiten fanden eher in der Nebenhandlung statt, hatten aber im Publikum viele Überschneidungen. Zum Beispiel alle Haupt-Protagonisten. Der zweite Todesfall hatte in dieser Geschichte eigentlich nur mich betroffen. Da es aber meine Geschichte ist, betrifft es letztendlich doch alle.

Ich hoffe, ich trete mit der Berichterstattung niemandem auf den Schlips, aber das gesamte Thema hat mich in den letzten 3 Jahren sehr beschäftigt und hat am letzten Freitag endlich seinen Abschluss gefunden. Ich muss das alles mal niederschreiben um selbst einen Abschluss zu finden. Falls sich ein Betroffener mit dem Post unwohl fühlt, sagt mir bitte Bescheid. Ich schreibe dann die entsprechende Passage um.

Ich berichtete bereits früher über eine Scheidungsschlacht in meinem Freundeskreis und über die Umstände dazu. Eine nicht ganz so kurze Auffrischung:


Sommer 2011

Die Haupt-Protagonisten (Namen geändert, Hochzeiten chronologisch nummeriert):

Ehepaar 1, Heike und Sam 1 mit Tochter Anna (Hochzeit 2)

Ehepaar 2, Janine und Sam 2 mit Töchtern Sina und Malena (Hochzeit 1)

Hintergrund-Infos: Heike und Janine sind beste Freundinnen. Heike ist Patin von Sina, Janine war Trauzeugin von Heike und wenn ich mich richtig erinnere war irgendwie auch Janine auch noch Patin von Anna. Kann aber sein, daß ich da jetzt was durcheinander werfe. Wichtig ist nur: Die waren wirklich eng verwoben. Ich war übrigens Trauzeuge bei Sam 1 ( wobei ich nicht genau weiß, wie ich zu der Ehre kam, denn eigentlich war ich eher mit Heike befreundet). Warum Heike den Sam 1 geheiratet hat haben wir bis Heute nicht verstanden, denn er ist sehr "speziell". Leicht cholerisch, beratungsresistent und kontrollbesessen. Außerdem wurden die Slogans "Geiz ist geil" und "Ich bin doch nicht blöd" scheinbar speziell für ihn entwickelt. Er ist der absolute Schnäppchenjäger mit einer sehr subjektiven Wahrnehmung zum Thema "Schnäppchen". Er will alles Geschenkt bekommen, seine eigenen Dienste und Waren müssen aber mit Gold aufgewogen werden. Heike allerdings war überzeugt von ihrem Handeln. Die Hochzeitsfeier war damals (es war glaube ich 2007) zwar an sich nicht schlecht, aber um Geld und Mühe zu sparen ließen die beiden ihre Freunde eigentlich alles organisieren. Höhepunkt war das "gemeinsame Aufräumen" der Location direkt nach der Feier in der Nacht mit kurzem Austicker von Sam 1, da jemand den Anhänger falsch eingeräumt hatte. Sein Schlüsselbund flog durch den Saal. Positiv zu erwähnen: Heike hat das nicht mehr mitbekommen, denn sie war bereits zu Hause (alleine mit einer ihrer Freundinnen). In ihrer Hochzeitsnacht alleine zu Hause, da der Mann noch seine Freunde beim Aufräumen überwachen musste. Wir fanden das alles damals schon schlimm und wunderten uns, daß Heike so eine Hochzeit mitgemacht hat. Aber es wuchs irgendwie Gras über die Sache und Heike verdrängte das alles wie immer...


Spätsommer 2011

Dieses Jahr war sehr schlimm und turbulent für alle Beteiligten, denn aus heiterem Himmel starb Janine. Sie war nicht krank und es war kein Unfall. Sie kippte einfach um und hinterlies 2 Töchter, 1 Ehemann und 1 beste Freundin. Die Trauer war natürlich unbeschreiblich und Sam 1 vermochte es leider überhaupt nicht Heike Trost zu spenden oder Kraft zu geben. Er verdrängte das Geschehene. Heike und Sam 2 dagegen waren schockiert und hatten das Bedürfnis ihre Trauer zu teilen um das verarbeiten zu können. Da Heike auch Patin von Sina ist, war sie natürlich zusätzlich in der Verantwortung, denn genau das sind die Momente, in denen Paten ihren Job machen müssen. Heike und Sam 2 verbrachten viel Zeit miteinander. Hauptsächlich mit gemeinsamer Trauerarbeit, aber Heike unterstützte Sam 2 auch bei der Bewältigung des Alltags. Schließlich waren da auch 2 Kinder zu versorgen. Sam 1, zu dieser Zeit noch mit mir relativ eng befreundet, klagte mir sein Leid. Dabei ging es aber weder um den Tod seiner guten Freundin Janine oder die Sorge um die Trauernden Kinder und Sam 2, sondern es ging ausschließlich um ihn. Er jammerte über kleine Wehwehchens und seinen Stress, den er als DJ hatte. Auf gut Deutsch: Luxusprobleme! Das einzige seiner Probleme, daß auch ich ernst nahm, war seine Eifersucht. Seine Frau verbrachte ihm zu viel Zeit mit Sam 2. Da hatte er absolut Recht. Leider hat er aber erhebliche Wahrnehmungsstörungen. Das machte sich dadurch bemerkbar, daß er überhaupt nicht verstand, warum sich das so entwickelte. Sam 1 konnte sich überhaupt nicht mit dem Tod von Janine auseinandersetzen. Er konnte seiner Frau keine 2 Minuten zuhören oder sie trösten. Wie Bernd Stromberg bereits sagte: "Der Kann nicht wohnt in der will nicht Straße". Sehr weise Worte. Als Sam 1 dann immer eifersüchtiger wurde, rat ich ihm, sich mehr um seine Frau und sein Kind zu kümmern. Er sollte ihr zuhören, sein zeitaufwändiges DJing nach Hinten stellen und seine cholerischen Anfälle in den Griff bekommen. Beratungsresistent wie er nun mal ist, befolgte er nichts davon. Im Gegenteil: Er verdrängte alles und machte damit alles nur noch schlimmer. 

Als ich am Neujahrstag mit ihm sprach, beichtete er mir von seinem katastrophalen Weihnachtsanfall und das er dringend was ändern muss. Ich war erleichtert, daß er es endlich gerafft hatte. Leider zu spät. Bereits 4 Tage später zog Heike mit Anna zu ihrer Freundin Heike 2 (die übrigens Trauzeugin bei Janine und Sam 2) war. Sam 1 war am Boden zerstört und er tat nun all das, was von ihm schon lange gefordert wurde. Er ging zum Therapeuthen, er reduzierte das Arbeiten und er versuchte mehr Zeit mit seinen Mädels zu verbringen. Zu Spät. Der Zug war abgefahren. Für mich war das folgende Jahr sehr anstrengend, denn ich stand zwischen den Stühlen. Einerseits konnte ich Heike sehr gut verstehen und bestätigte sie in ihrer Entscheidung, andererseits tat mir Sam leid, der nun überzeugt war, daß Heike was mit Sam 2 hatte. Ich glaubte das nicht, denn er hatte gerade erst seine geliebte Frau verloren und ich ging davon aus, daß er dafür noch keinen Kopf hatte. Das sorgte auf jeden Fall für Zündstoff bei der Trennung. Aber die Trennungsgeschichte soll ein anderes Mal erzählt werden, bzw. wurde bereits erzählt...


Spätsommer 2012

Ich und einige unserer Freunde planten für den Herbst einen gemeinsamen Urlaub in Schottland. Wir buchten ein Ferienhaus auf der Insel Skye. Als ich eines Tages Heike in ihrer neuen Wohnung besuchte, offenbarte sie mir, daß sie und Sam 2 mitsamt aller 3 Kinder mitfahren würden und ein Haus ein Kaff weiter gemietet hätten. Sie fragte, ob das ein Problem für mich sei. Spontan sagte ich natürlich, daß das kein Problem sei, denn ich mag Sam 2 und auch seine Kinder sind sehr liebenswert. Außerdem hatten wir bereits ein Kind in unserer Reisegruppe, für die es super wäre, wenn noch mehr Kinder dabei sind. Als ich abends wieder zu Hause ankam fing ich natürlich an zu grübeln. Hatte Sam 1 die ganze Zeit Recht gehabt? Hab ich mich getäuscht? Und wenn ja, wie finde ich das? Fakt ist: Heike und Sam 2 sind ein Paar.

Der Urlaub kam und in Schottland merkte ich, daß ich damit nicht so ganz klar kam. Wie gesagt: Ich hab alle Protagonisten sehr gern, aber es fühlte sich irgendwie falsch an. Ich konnte das auch nicht ganz verbergen. Dabei spielte es sicher auch eine Rolle, daß ich mich belogen fühlte, denn Heike und Sam wirkten sehr vertraut miteinander. Vielleicht zu vertraut? Ich ärgerte mich, weil ich mich im Rosenkrieg mittlerweile sehr auf Heikes Seite geschlagen hatte. Ich begann, wieder objektiver mit dem Thema umzugehen und muss sagen, daß Heike in der Trennung nicht das Opfer ist. Sam 1 auch nicht, denn der ist inzwischen glücklicher als je zuvor neu leiert. Nicht einmal Anna ist ein Opfer, denn ihr geht es prima seit sie 2 Schwestern hat. Die Scheidung war für alle Beteiligten gut. Die beiden hätten eigentlich nur nie heiraten dürfen...

Wenn es überhaupt ein Opfer dabei gibt, bin ich es. Ich hab zwar nie versucht die Ehe zu retten, aber ich mußte mir ein Jahr lang das Gejammer und die Vorwürfe von beiden Seiten anhören und habe mühsam versucht bei der Trennung zu vermitteln. Auch wenn ich das als Trauzeuge als meine Pflicht sehe, war es im Nachhinein sehr anstrengend. Zumal ich ja sein Trauzeuge war, aber eigentlich eher auf ihrer Seite stand. Daraus habe ich gelernt, daß man nicht zu voreilig Trauzeuge werden sollte...


Herbst 2013

Eines Donnerstags-Abend trafen wir uns in kleiner Runde in einem Pub zum Essen. Hier gaben Heike und Sam bekannt, daß sie heiraten (Hochzeit 4) würden. Im Sommer 2014. Wir (Ich und eine enge gemeinsame Freundin, nennen wir sie Sinia) waren überrascht. Da Sinia und ich (als ihr Trauzeuge) ein paar Jahre zuvor Sinia's wunderschöne Hochzeit (3) organisiert hatten, fragten uns Heike und Sam, ob wir sie bei der Planung unterstützen würden. Da uns das grundsätzlich Spaß macht, haben wir zugestimmt.

Später überkamen uns dann aber Zweifel. Nicht, daß wir es verurteilten. Die 2 leben mit ihren insgesamt 3 Töchtern ja ein prima Leben als Patchworkfamilie. Aber heiraten? Gerade mal 2 Jahre nach dem Tod von der Ehefrau und der besten Freundin Janine? Muss das wirklich sein? Und dann auch noch mit Feier und Kleid und allem Pipapo? Wir waren ehrlich gesagt entsetzt. Wir hielten es für unangebracht. Erstens hätten wir noch 1-2 Jahre gewartet und zweitens hätten wir die Feier eher im kleinen Rahmen gehalten.

Nun gut. Wir hatten "ja" gesagt und wir trafen uns ein paar mal für Beratungsgespräche. Insgesamt versuchten wir aber, uns nicht zu sehr reinzuhängen. Das lag aber auch daran, daß Sinia Schwanger war und uns klar war, daß unser konzeptioneller Anspruch an die Hochzeitsplanung sehr hoch ist und das Brautpaar das garnicht so wichtig findet. Das nahm uns etwas den Enthusiasmus. Wir versuchten auch, die beiden von der ganz großen Feier abzubringen. Wir wurden das Gefühl nicht los, daß Heike nur eine große Feier wollte, weil ihre erste Hochzeit nicht so war, wie sie sie gerne gehabt hätte. Mit dieser Meinung waren wir auch nicht die Einzigen. Eine weitere sehr gute Freundin von Heike boykottierte sogar die Hochzeit und es war auch nicht ganz einfach eine Trauzeugin zu finden. Es wurde dann tatsächlich die gleiche Trauzeugin, die bereits Janine bei ihrer Hochzeit mit dem gleichen Mann hatte, was man ihr als beste Freundin von beiden allerdings nicht verübeln kann. Schließlich ist ja gegen diese Beziehung und auch diese Ehe nichts einzuwenden. Selbst die Großeltern der beiden Mädels hatten ja bereits ihren Segen gegeben, was nicht nur für Heike und Sam elementar war. Auch allen anderen Beteiligten war das sehr wichtig.


August 2014

Wie dem auch sei. Letzten Freitag war nun die Hochzeit. Da sich Sinia (wegen Geburt) und ich (weil mir nach dem Tod meines Bruders nicht nach Feier organisieren war) am Ende doch ziemlich rausgezogen hatten, trug die Hochzeit auch nicht unsere Handschrift. Unser Perfektionismus hätte aber auch nicht wirklich zum Brautpaar gepasst. Wir halfen zwar bei der Erstellung der "to do Liste", lieferten erste Ideen für Deko, Essen und Ablauf, waren dabei, als Heike ihr Brautkleid ausgewählt hat und auch DJ und Location waren Vorschläge von uns, aber bei allem anderen (Details zu Deko, Essen, Ablauf, etc.) waren wir dann nur noch am Rande als Berater beteiligt. 

Da letztendlich alle Gäste unmittelbar mit allen Aspekten der Vorgeschichten bestens vertraut waren, lag über der Hochzeit im Vorfeld eine kleine Regenwolke. Alle hatten ein flaues Gefühl im Magen. Was würde Janine zu der Hochzeit sagen? Wie sehr darf man diese Hochzeit feiern? Welchen Platz nimmt Janine an dem Tag ein? Sind die Gäste offen für diese neue Bindung? Das hervorragende Wetter am Freitag sollte ein wohl ein Zeichen sein, denn wenn es geregnet hätte, wäre es eine andere Feier geworden...

Unterm Strich war es eine schöne Hochzeit. Bereits bei der Trauung im Standesamt sprach ein Verwandter von Janine ein paar ergreifende Worte und machte deutlich, daß auch Janine an dem Tag teil hat. Er legitimierte somit für alle Anwesenden die Trauung, was für die folgende Feier extrem wichtig war. Die Trauzeugen haben dafür gesorgt, daß es keine albernen oder unangemessenen Spielchen oder Vorträge gab. Die Feier danach hatte eine positive Stimmung. Das Essen war gut, die Kinder waren gut bespaßt, das Personal war toll (und hübsch), die Location war wunderschön und der DJ war klasse. Die Musik war ganz anders, als bei früheren Feiern (z.B. Hochzeiten 1,2 & 3) mit Sam1 oder mir als DJ. Das war auch gut so, denn dadurch wurden keine emotionalen Erinnerungen an frühere Feiern mit anderen Konstellationen geweckt. Es wurde viel getanzt, aber nicht zu ausgelassen gefeiert. Ich bin Froh, daß die Feier rum ist und daß sich meine Befürchtungen nicht bestätigt haben. 

Aus Gründen der Anonymität verzichte ich hier auf Fotos.


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