Samstag, 16. Februar 2019

Konzert 2019.02: Massive Attack

4.2.2019, Frankfurt Jahrhunderthalle

Im Vorfeld war ich mir nicht sicher, ob ich mir das anschauen sollte. Eine sehr gute Freundin berichtete damals (1998) von der originaltour zum Album Mezzanine, dass es grausam war. Noch heute erinnert sie sich an das schlechteste Konzert, dass sie jemals gesehen hat. Damals war die Hauptkritik glaube ich, dass die Band wohl ziemlich zugekifft war...

Das Album Mezzanine (1998), zu dessen Ehren diese Tour stattfindet, war seinerzeit recht sperrig, da es latent aggressiv/deppressiv war. Ich fand es also super! Als ich dann gelesen habe, dass Liz Fraser von den Cocteau Twins als Sängerin mit auf der Tour ist und ich grundsätzlich Massive Attack als Wegbereiter des Trip Hop sehe, wollte ich mir selbst ein Bild machen. 

Die Polarisierung begann bereits mit der Einlass-Musik. Zunächst hörte man dumpfe Bässe und Kickdrums in Endlosschleife. Dann ertönten diverse 90er Hits (Madonna, Britney, East 17, uvm.). Allerdings leider ohne irgendwelche Frequenzen über ca. 200 Hz. Also quasi nur über den Subwoofer. Erst nachdem das Ganze dann in einer Schleife endete, wurde mir klar, daß das wohl mit Absicht so war. Bis jetzt war ich zu faul im Netz zu recherchieren, was genau dahinter steckt. Es könnte eine Anspielung gewesen sein, daß Musikproduktionen in den 90ern dazu geneigt haben, durch extreme Komprimierung um sämtliche Dynamik beraubt worden zu sein. Es könnte auch auf die allgemeine Verstumpfung der Gesellschaft in den 90ern bezogen sein. Aber das sind nur unbestätigte Vermutungen, die ins Gesamtkonzept passen würden. Festzuhalten bleibt, daß der miese Sound der Einlassmusik alle genervt hat. Auch mich, obwohl es mich zum Nachdenken gebracht hat. Vielleicht war ja auch nur das die Absicht der Band...

Als es dann mit viel Verspätung los ging, war klar: Der Sound kann mehr! Auch wenn das Intro extrem kratzig und hektisch war, wurde deutlich, daß der Sound der Hammer ist. Auch klar wurde bereits beim Intro, daß Epileptiker besser den Saal verlassen sollten. Passend zum Sound flackerten auch grelle Blender (helles weißes Licht ins Publikum gerichtet) heftig ins Gesicht um den dumpfen Sound auch visuell wegzublasen.

Musikalisch ging es dann wie erwartet mit Mezzanine weiter. Neben den sehr gut interpretierten Songs des Kultalbums, wurde die Setlist mit einigen interessanten Cover-Versionen aufgefüllt, deren Auswahl viel über die Wurzeln der Band verriet: Cure, Bauhaus, Lou Reed, Ultravox. Das erklärt die latente depressiv-aggressive Atmosphäre des Konzerts, die mich persönlich absolut begeisterte. Nicht nur die Musik selbst, sondern auch die meist sehr hektisch geschnittenen Videoclips, die größtenteils auch aus den 90ern stammen, aber mit diversen Trump- oder Popart-Motiven ergänzt wurden, untermauerten diese Stimmung konsequent. Die kurzen Textbotschaften im Stil von unterbewußten Psycho-Kokolores fand ich grenzwertig, aber am Ende trotzdem passend. Ebenso konsequent gab es übrigens kein einziges Wort an das Publikum oder gar eine Zugabe, was viele Menschen völlig empörte. Massive Attack hinterließen das Publikum so, wie sie es empfangen haben: mit einem Schlag ins Gesicht. Ich fürchte, die meisten Zuschauern hatten nur die Hits der Band im Kopf und waren mit dieser authentischen Performance etwas überfordert...

Achja, natürlich ist zu erwähnen, dass Liz Frazer phantastisch gesungen hat und man kaum einen Unterschied zum Original feststellen konnte. Nur Horace Andy war mit dem Gesang des genialen „Angels“ etwas überfordert. „Teardrops“ hingegen war das erwartete Highlight. Gestört wurde das Highlight nur durch die vielen dämlichen Handy-Filmer und die genauso dämlichen Zwischenrufe derer, die davon genervt waren. Und wer jetzt sagt: „Der macht doch selbst immer Bilder“, dem sei geantwortet: „Ja, aber immer nur sehr wenige und sehr dezent. Immer nur kurz Handy hoch und abgedrückt. Und schon garkeine Filme“. ;-)

Zum Schluß halte ich fest, daß ich das Konzert sehr, sehr geil fand und ich gleichzeitig verstehen kann, dass andere es furchtbar fanden. Auch kann ich mir vorstellen, daß der in der Einleitung besagten Freundin, das Konzert 1998 nicht gefallen haben kann. Zumindest, wenn es ansatzweise ähnlich war.




































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