Samstag, 3. Januar 2015

Geburtstag in London

So, nun habe ich das erste Mal meinen Geburtstag nicht zu Hause gefeiert, sondern bin in meine Jugend geflüchtet. Stadt meiner Jugend, Konzert (The Cure) meiner Jugend. Eigentlich hätte ich Frau Doktor mitnehmen müssen um den Nostalgie-Flash zu vollenden...

Flucht ist an sich ja immer ein eher bescheidenes Konzept. Auch in meinem Fall war es leider so. Das Wochenende war zwar schön, aber irgendwie ist mein Geburtstag jetzt voll ausgefallen, was irgendwie blöd ist. Meine Begleitung (Frau B) hat mein Konzept der Geburtstagsflucht sehr konsequent unterstützt und das Thema außer Morgens während des Wachwerdens durch ein kurzes "Alles Gute zum Geburtstag" komplett ausgeblendet. Aber das war ja auch der Plan. Oder war er das nicht? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Ich hatte mir keine Gedanken darüber gemacht. Ich hatte an meinen Geburtstag 2015 absichtlich keine Erwartungen gestellt. Ich wollte in London sein und auf ein gutes Konzert gehen. Beides hat geklappt, also wurden meine Erwartungen erfüllt. Irgendwie hat es sich aber trotzdem traurig angefühlt und ich habe meine Freunde und Familie vermisst. 

Das war für mich ein emotionaler Vorgeschmack in Bezug auf eine eventuelle Auswanderung. Die zahlreichen WhatsApps, SMSe, Facebook- und Xing-Glückwünsche haben mich sehr gefreut (vielen Dank an alle Aktiven:-)), aber als einziger Kontakt in der Ferne wäre mir das auf Dauer zu wenig. Glaube ich zumindest. Darüber werde ich mir angesichts der aktuellen Entwicklungen in meinem Leben noch viele Gedanken machen müssen.

Was mich allerdings am meisten an diesem Wochende beschäftigt hat, ist die Veränderung der Stadt London und in wie fern das ein Spiegel der ganzen Gesellschaft ist. Früher war London der Schmelztigel der Subkulturen. Punks, Mods, Rockabillies, Hippies, Esotheriker, Goths und sonstige Bewegungen hatten hier ihre Heimat und haben das Stadtbild in Camden, Notting Hill oder Soho geprägt. Überall lief Musik und Freaks liefen auf den Straßen rum. Auf dem Camden Market wurden Mix-Tapes, selbstgenähte Klamotten, Bootlegs, selbstgemachter Schmuck und viel Second-Hand-Kram verhökert. Die Camden Docks waren eng, watzig und teilweise sehr baufällig. Es roch nach Schimmel, Kohle, Schweiss und Drogen. Heute gibts hier Starbucks, Modeschmuck, T-Shirts mit dummen Sprüchen und jede Menge Essens-Stände. Es läuft Radio-Musik. Der ganze Markt ist riesig und fast schon steril geworden. Hinter den Ständen stehen Asiaten und Inder, die ihre China-Ware anpreisen. Ein reiner Kommerz-Markt im Look moderner Hipster-Lofts. Am Notting Hill Gate sieht es ähnlich aus. Der Zauber ist verloren. Keine Magie, kein Flair, keine Individualität. Ich fürchte, das liegt wohl daran, daß Musik Heute anders konsumiert wird. Digital, kurzlebig, Quick and dirty. Nachhaltige Musik muss man im WWW suchen. Ist einfacher als durch die Welt zu reisen und das auf Flohmärkten zu finden. Genauso wie Klamotten oder sonstige individuelle Dinge. Dawanda oder Itsy sind die heutigen Camden-Markets. Traurige Entwicklung...

Auf mich wirkte ganz London wie eine riesige Shopping-Mall. Aber im negativsten Sinne. Nur noch Ketten und Standards wie in jeder großen Stadt. Bezeichnend war, daß das erste gekaufte Objekt in London von Frau B Strumpfhosen bei Primark waren. Der Gipfel, der Sinnlosigkeit war dann der M&M Laden. Es gibt genau 2 Produkte von denen: Schokolinsen und Schokolinsen mit Nuss. Wie man daraus einen 4stöckigen Laden machen kann, ist mir schleierhaft. Und der war voll wie Sau. Die Menschen sind schon merkwürdig. Und da kam es mir: Das passt zu unserer Generation Y. Gleichförmigkeit. Kein Opfer sein. Mitschwimmen ohne Risiko. Außenseiter sind Opfer. Keine Verantwortung ünernehmen. Nicht auffallen und wenn nur so wie viele andere auch.

Soho war für mich der einzige Lichtblick, aber selbst standen Läden leer und selbst Second-Hand-Institutionen wie Sister Ray oder Berwick Records sind drastisch verkleinert und haben nur noch Standard-Musik. Mein Online-Shop (discorder.de) bietet im Vergleich richtig geile Sammlerstücke. London bietet für mich nur noch Reize im Bereich Sightseeing. Vielleicht werde ich auch einfach nur alt...

Die Weihnachtsdeko in der Oxford-Street und Harrods, sowie der Friedhof Highgate waren die rar gesäten Highlights. Und das Kaffee im Hyde Park (Kensington Palace, Danke Frau B).

Zu guter letzt, hatten wir am Flughafen Stansted einen Stromausfall für 2 Stunden und entsprechendes Chaos. Die Leute standen Schlange bis ans Ende der Terminal-Halle. Erstaunlich, wie entspannt dieses Chaos dann seinen Lauf nahm. Bis auf wenige Ausnahmen, blieben die Leute relativ ruhig und gesittet. Wir kamen mit 2 Stunden Verspätung in Hahn an...










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